Viva Nicaragua, hasta pronto!
Abendessen auf dem Vulkan Telica, Bild: Lea Heidjann
Im Rahmen des weltwärts-Programm habe ich nach meinem Abitur ein Jahr in Nicaragua gelebt. Ich habe für ein Jahr in einer Gastfamilie gewohnt und in einer Schule für Kinder mit körperlichen und geistigen Einschränkungen gearbeitet. Eine lange Zeit, in der ich mir ein Leben mit einem Alltag, Freundeskreis und einer zweiten Familie aufgebaut habe, gearbeitet habe, viele Möglichkeiten hatte neue Orte in dem Land zu sehen und mir die Chance gegeben wurde in die Kultur einzutauchen und Land und Leute kennenzulernen. Noch immer bin ich völlig verrückt nach Nicaragua und für mich ist das Land wie meine zweite Heimat.
Vor kurzem war ich zum zweiten Mal in Nicaragua um nochmal Freunde und meine ehemalige Gastfamilie zu besuchen. Diesmal war es aber leider nur ein kurzer Abstecher, denn danach ging es weiter nach Guatemala.
Ich habe mittlerweile schon einige Länder in Zentralamerika bereist und Nicaragua steht immer noch auf Platz 1. Wahrscheinlich bin ich immer noch emotional an das Land gebunden, da ich sehr viele Erinnerungen an das Jahr habe, welches ich dort verbracht habe, und ich dort meine Freunde und meine Gastfamilie habe, die wie eine zweite Familie für mich ist. Aber auch aus der “Reise-Sicht” kann ich Nicaragua nur weiterempfehlen.
Nicaragua ist immer noch ein relativ „exotisches“ Reiseland. Als ich das erste Mal den Namen „Nicaragua“ gehört habe, hatte ich keine Ahnung wo das kleine Land mit etwas mehr als 6 Millionen Einwohnern liegt. Hätte mir jemand gesagt, dass es auf dem afrikanischen Kontinent liegt, hätte ich das wahrscheinlich auch geglaubt. Das sogenannte Land der Seen und Vulkane liegt in Zentralamerika, zwischen Costa Rica im Süden und Honduras im Norden.
Estelí- Meine zweite Heimatstadt
Während meines weltwärts-Jahres habe ich in Estelí gelebt. Der sogenannte „Diamant des Nordens“ („el diamante del norte“) liegt im Norden Nicaraguas und ist umgeben von Bergen. Eher wenige Touristen verirren sich nach Estelí, aber wenn man Zeit und Lust hat auf etwas kühlere Temperaturen als z.B. in León oder Managua, sollte man der Stadt unbedingt einen Besuch abstatten. Estelí wird auch als Hochburg des Kaffees und der Zigarren bezeichnet. Am besten genießt man einen leckeren Kaffee aus der Umgebung im Café Luz (ein relativ bekannter Ort unter den Touristen, aber auch einige Einheimische lassen sich dort blicken- empfehlenswert!). Dadurch, dass die Kunst-, Sport- und Musikszene in Estelí relativ groß ist, herrscht eine lockere und entspannte Atmosphäre.
Busbahnhof in Estelí, Bild: Lea Heidjann
Auf dem Markt in Estelí, Bild: Lea Heidjann
Das “Reserva Natural Miraflor” ist tendenziell nicht weit entfernt von Estelí. Aber da die “Straßen” oder besser gesagt Wege so schlecht sind und der Bus einige Berge erklimmen muss, kann die Busfahrt doch locker mal 2 Stunden dauern. Angekommen in Miraflor, spürt man plötzlich einen frischen Wind auf der Haut. Also Pulli nicht vergessen, insbesondere in den Morgen- und Abendstunden wird es echt frisch dort oben! Ich hatte das Glück, dass ich in Miraflor immer mit Einheimischen unterwegs war und sie mir wirklich schöne Orte gezeigt haben, von Wasserfällen bis zu spektakulären Aussichtspunkten. Das ländliche Leben strahlt eine unglaublich Ruhe aus und man fühlt sich als ob man in einer ganz anderen Welt wäre.
Blick auf Miraflor, Bild: Lea Heidjann
Nicht zu vergessen ist die Stadt Somoto, die noch etwas weiter nördlich liegt. Nahe der Stadt Somoto gibt es den gleichnamigen Cañon de Somoto. Bis wir an dem Cañon angekommen waren mussten wir erst ein kleines Stück gehen, dann sind wir durch den Canon gegangen und mal geschwommen. Ich fand es super schön sich auf den Rücken zu legen, sich den Fluss hinab treiben zu lassen und den Ausblick in den Himmel, der gesäumt wurde von den Felswänden, zu genießen. Auf dem Rückweg sind wir natürlich alle im Bus eingeschlafen. Wenn man keine Höhenangst hat und gerne auch mal von einem 10m hohen Felsen in den Fluss hüpft ist der Somoto Cañon nur zu empfehlen!
Meine absoluten Favoriten in Nicargua
Um zu dem Río San Juan zu kommen muss man etwas Zeit einplanen. Pero vale la pena! (=Aber es lohnt sich!) Nach einer etwa sechsstündigen Busfahrt, während die ganze Zeit Latino-Musik durch die alten, blechernen Musikboxen lief, kamen wir in San Carlos an und mussten dort eine Nacht schlafen. Nach einem typischen Nica-Frühstück mit Gallo Pinto, Maduros (frittierten Kochbananen) und Cuajada (nicaraguanischer Käse) ging es mit dem Boot weiter nach El Castillo, ein kleines Dorf mitten im Nichts bzw. Im Dschungel. Als wir da waren, waren nur zwei andere Touristen in dem Städtchen. Diese anderen beiden Touristen haben wir jeden Tag quasi 5 Mal gesehen. Das ist aber auch kein Wunder, denn es gibt eigentlich nur zwei Straßen und an Autos ist natürlich gar nicht zu denken. Ja, bis auf “El Castillo”, die gleichnamige Burg der Stadt gibt es in El Castillo nicht so viel, auch keine Papayas. Eine Freundin und ich haben quasi in allen kleinen Pulperias gefragt ob sie eine Papaya oder Bananen zu verkaufen haben, aber Fehlanzeige. Abends sind wir dann nochmal losgezogen und endlich wurden wir fündig, ganz frisch kamen die Papaya und die Bananen gerade vom Boot, dass täglich ein paar Lebensmittel vorbeibringt.
Die „Hauptstraße“ in El Castillo, Bild: Lea Heidjann
Sicht auf die Stadt El Castillo am Río San Juan, Bild: Lea Heidjann
Wenn man den Fluss noch etwas weiter mit dem Boot runterfährt ist man plötzlich im tiefsten Dschungel. Da muss man natürlich eine Tour mit einem Guide machen, alleine sollte man das nicht machen. ungefähr 2 Stunden sind wir durch das “Reserva Biológica Indio Maíz” gestiefelt. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn wir waren mit Gummistiefeln unterwegs, da die kleinen Pfade so schlammig sind, das Klima ist dort halt sehr tropisch feucht. Neben verschiedenen giftigen Froscharten, die so groß wie der Daumennagel sind, angeblichen Spuren von Jaguar-Tatzen, begleiten einen die ganze Zeit Vogelgezwitscher, Affengebrüll (hin und wieder sieht man auch mal die Tiere, die diese Töne von sich geben) und andere Geräusche des Regenwaldes. Nach der Tour sind wir mit unserem Guide noch in einen kleineren Zweigfluss des Rio San Juan gefahren und konnten uns in dem Fluss abkühlen. Einfach herrlich!
Tour durch das Reserva Biológica Indio Maíz, Bild: Lea Heidjann
Ometepe zählt auch definitiv zu meinen Highlights Nicaraguas. Die aus zwei Vulkanen bestehende Insel im Nicaragua-See ist ein Paradies für Reisende die aktive und sportliche Unternehmungen lieben. Man kann eine Tour zu einem Wasserfall machen, sich Mountainbikes mieten und sich daran wagen die von Steinen und kleineren Felsbrocken übersäten Straßen zu erkunden, oder man verbringt den Nachmittag am Ojo de Agua, ein „natürliches Schwimmbecken“, das durch eine unterirdische Quelle versorgt wird. Aber auch für nicht ganz so Aktive ist es perfekt geeignet, man kann auf dem Steg liegen, hin und wieder in den Nicaragua See hüpfen und dem weit entfernten Affengebrüll lauschen.
Die Abendstunden zufuße des Vulkan Concepción im Lago de Nicaragua genießen, Bild: Lea Heidjann
Wasserfall San Ramón auf Ometepe, Bild: Lea Heidjann
Vulkane, Palmen, wilde Affen- was will man mehr?! Bild: Lea Heidjann
León- Vulkane, Strand und Lagerfeuer
Im Land der Vulkane muss man natürlich auch mal einen Vulkan erklommen haben. Da hat man die Qual der Wahl, denn in Nicaragua gibt es um die 20 Vulkane. Wir (mein Bruder und seine Freundin haben mich zu der Zeit besucht) haben uns damals für den Telica Vulkan in der Nähe von León entschieden. Der Aufstieg war unglaublich anstrengend und ich habe meinen Bruder zeitweise verfluchte, da er sich die Tour ausgesucht hat! Die Mittagssonne knallte auf uns hinunter und der Staub hat sich über unseren Schweiß gefreut. Als wir endlich oben waren, hatten wir eine ganz andere Hautfarbe und der Staub saß sogar zwischen unseren Zähnen. Oben hatten wir Zeit uns von dem Anstieg zu erholen und ich habe zum erstmal Jonglierbälle in die Hand genommen. Kein schlechter Ort um erste Versuche zu machen. Ich glaube ich habe noch nie in meinem Leben Spagetti Bolognese so genossen wie an diesem Tag. Wir haben uns oben vom Vulkan aus den Sonnenuntergang angeguckt und dabei gab es kalte Spagetti- unvorstellbar gut! Der Sonnenuntergang war wunderschön und beeindruckend und die Spagetti waren das I-Tüpfelchen! Nach dem Sonnenuntergang haben wir uns nochmal an einen kleinen Anstieg gewagt und sind bis zum Rand des Kraters gewandert und wir haben sogar Lava gesehen. Danach ging es mit Stirnlampen wieder runter. Als wir wieder im Hostel angekommen sind und den Staub abgeschrubbt haben, ging es sofort ins Bett und meine Augen sind sofort zugefallen.
Geschafft- Sonnenuntergang auf dem Vulkan Telica, Bild: Lea Heidjann
In León ist es heiß! Daher ist es perfekt, dass man die Möglichkeit hat in etwa einer halben Stunde mit Bus in die Strandorte Las Penitas oder Poneloya zu kommen. Aber die erwünschte Abkühlung durch das Meer tritt leider nicht ein. Der leicht dunkle Sand am Strand von Las Penitas oder Poneloya ist zur Mittagszeit glühend heiß und das Wasser des Meeres ist auch nicht zu vergleichen mit dem Mittelmeer oder geschweige denn mit der Nordsee. Um die Mittagszeit ist nichts anderes denkbar als die klassische Siesta. Hin und wieder sieht man den einen oder anderen Surfer, der sich in die hohen Wellen stürzt, aber eigentlich lässt es sich besser in einer Hängematte im Schatten aushalten. In den Morgen- oder Abendstunden habe ich mich dann auch mal an ein Volleyballmatch gewagt oder wir sind am Strand spazieren gegangen. Und wenn man dann den Abend noch mit einem Lagerfeuer ausklingen lässt- herrlich!
Sonnenaufgang am Strand von Poneloya, Bild: Lea Heidjann
Auf den Spuren der Spanier
Die Spanier haben natürlich auch in Nicaragua ihre Spuren hinterlassen. 1524 wurde die Stadt Granada von dem spanischen Conquistador Francisco Hernandez de Cordoba gegründet. Noch heute ist der spanische Baustil aus dieser Zeit nicht zu übersehen und die Stadt versprüht ein koloniales Flair. Auch wenn es eine Touristen Hochburg Nicaraguas ist, mag ich die Stadt wirklich sehr. Einfach durch die Gassen schlendern, sich treiben lassen und immer wieder neue Häuser entdecken. Jedes Haus hat eine andere Farbe, jede Tür ist individuell und jeder Innenhof ist anders gestaltet. Dann entdeckt man plötzlich in einer Seitenstraße eine Galerie von jungen Nachwuchstalenten aus Nicaragua. Ich mag’s einfach. Falls ihr mal wieder Gelüste nach europäischen Essen verspürt: Ich kann euch nur die Fish&Chips im irischen Pub „O’Shea’s Nicaragua“ empfehlen!
Eine von unzählig vielen bunten Türen in Granada, Bild: Lea Heidjann
Als wir damals nach Masaya gefahren sind war die „Noche de Agüizote“, ein traditionelles Fest bei dem es um die Mythen und Legenden Nicaraguas geht und die Geister der Toten wieder zum Leben erweckt werden sollen. Da das noch zu Beginn meines Nicaragua-Jahres war, war ich völlig geplättet. Diese Feier war für mich eine wirkliche „locura“ (=Verrücktheit). Es war so voll, die Leute waren unglaublich abgefahren verkleidet und ich wusste gar nicht wo ich hingucken sollte. Nach diesem beeindruckend Abend bzw. Nacht sind wir am nächsten Tag auf den Markt gegangen. Dort findet man neben den ganzen bunten Hängematten und Souvenirs auch Säcke voller Bohnen und Reis oder riesige Fleischstücke, die an einem Haken hängen. Letzteres ist nicht ganz so mein Fall. Ansonsten liebe ich es durch den Markt zu schlendern, die ganzen Farben zu bestaunen und all diese extremen Gerüche wahrzunehmen.
Die Überflut an Farben, Gerüchen, Stimmen und Ähnlichem ist natürlich auch sehr anstrengend. Nach einer ermüdenden Shoppingtour ist die Laguna de Apoyo der perfekte Ort. Mit einem Taxi kann man in knapp einer halben Stunde von Masaya aus zur Laguna de Apoyo fahren. Ich war und bin immer noch fasziniert von diesem Ort. Diese Stille, die Geräusche von den Tieren und in der ehemaligen Vulkan-Lagune schwimmen ist eine Wohltat für den ganzen Körper und die Seele. Wenn man zu den Frühaufstehern gehört, sollte man den Sonnenaufgang nicht verpassen. Das glasklare Wasser lädt ein in einem Schwimmreifen den ganzen Nachmittag auf dem Wasser herumzutreiben.
San Juan del Sur steht bei fast allen Touristen, die durch Nicaragua reisen auf der To-Do-Liste. Den Ort musste ich natürlich auch mal gesehen haben. Der Ort ist bekannt für seinen Strand, die Surfer-Spots und Sunday Funday. In San Juan del Sur kann man einige schöne kleine Buchten finden, die perfekt sind um ein bisschen in den Wellen mit seinem Surf-Brett zu schaukeln, aber auch ohne Surfbrett, so wie ich, kann man die Wellen, den Strand und die Sonne genießen. Um Sunday Funday kommt man nicht rum, wenn man in San Juan del Sur ist. Wie der Name schon sagt, Sunday Funday, also der ganze Sonntag von morgens an ist Party angesagt. Dort laufen eigentlich nur Touristen rum und Einheimische sind nicht zu entdecken. Das Event konnte ich mir natürlich nicht entgehen lassen und musste ich natürlich auch mal ausprobiert haben, wenn man schon ein ganzes Jahr in Nicaragua lebt. Insgesamt muss ich aber sagen, dass das nicht so meins war und ich schnell beschlossen hatte, dass ich nicht nochmal zum berühmten Sunday Funday muss.
Ich war mittlerweile schon zweimal in Nicaragua und noch immer fehlen einige Orte, die ich noch nicht gesehen habe. Ich bin mir sicher, dass es nicht das letzte Mal war, das ich nach Nicaragua gereist bin und mit Sicherheit wird das Land mich auch beim nächsten Mal wieder verzaubern und mir völlig den Kopf verdrehen. Nicaragua hat mich fasziniert, fasziniert mich immer noch und wird mich mein Leben lang mit all seinen Höhen und Tiefen begleiten.
Viva Nicaragua, hasta pronto!
Das solltet ihr auf keinen Fall versäumen:
- mindestens einmal in einen nicaraguanischen Club gehen
- einen typischen Nicaragua-Teller mit Gallo Pinto, Maduros (frittierten Kochbananen) und Cuajada (nicaraguanischer Käse) essen
- so viel wie möglich von Nicaragua sehen