Für mich gehört Fotografieren und Reisen gehört zusammen wie Tag und Nacht. Und damit sind wir auch schon mitten im Thema Reisefotografie. Denn letztendlich geht es bei der Fotografie darum, Licht durch ein Objektiv (Linsen) auf einen Sensor zu bringen. Und dass es bei den Linsen und Sensoren sehr große qualitative Unterschiede gibt, sieht man spätestens am Preisschild der Fotoausrüstung, eine nach oben offene Skala. Aber entscheidend für ein gutes Foto ist am Ende nicht die Ausrüstung, sondern das Auge für die Situation sowie das Beherrschen der Grundregeln von Komposition und Licht. Im Prinzip kann jeder auch mit einer durchschnittlichen Kamera sehr gute Reisefotos machen.
Reisefotografie – Stilleben auf Naxos, Griechenland – Foto: Jörg Heidjann
Auf den nachfolgenden Seiten möchte ich ein paar Tipps zur Reisefotografie weitergeben und auch meine aktuelle Reise – Fotoausrüstung vorstellen.
Meine Tipps für die Reisefotografie
Bildkomposition, Goldener Schnitt
Wichtigstes Element für die Bildkomposition ist der Goldene Schnitt. Beim Goldenen Schnitt wird das Bild horizontal und/ oder vertikal in drei Teile aufgeteilt. Auf die entsprechenden, sich kreuzenden Linien wird das wichtigste Element des Bildes, z.B. eine Person gelegt. Das sollte man sich als Automatismus angewöhnen, denn so empfindet es das menschliche Auge als schön. Es wirkt einfach interessanter, wenn ein Bild auf Basis des Goldenen Schnittes aufgenommen wurde.
Beispiel für eine interessante Bildkomposition: Perspektive von oben sowie Motiv nach Regeln des goldenen Schnitts platziert.
Weiterhin wichtig bei der Bildkomposition sind horizontale und vertikale Linien. Das Meer im Hintergrund sollte schon exakt horizontal verlaufen, sonst wirkt es schnell unprofessionell. Bei Gebäuden stürzenden Linien vermeiden. Moderne Kameras haben dafür eine „Keystone Korrektur“. Ansonsten kann man die Bilder mit einer gängigen Software bearbeiten.
Licht, Licht, Licht
Gutes Licht ist das A und O für ein gutes Foto. Man kann zwar heute viel mit Filtern aus Bildern bei mäßigem Licht herausholen, aber ein wirklich gutes Bild wird nicht bei schlechtem Licht aufgenommen. Das beste natürliche Licht haben Fotografen bei Sonnenaufgang und bei Sonnenuntergang. Hier ist das Licht nicht so hart und die Bilder und Farben wirklich sehr natürlich und warm. Im Herbst hat man generell tolle Bedingungen, da dann das bunte Laub die warmen Farben verstärkt.
Beispiel für eine schöne Strandaufnahme bei perfektem Abendlicht.
Blaue Stunde
Die allerbeste Zeit für Fotos ist die „blaue Stunde“. Der Begriff blaue Stunde bezieht sich auf die besondere Färbung des Himmels während der Zeit der Dämmerung nach Sonnenuntergang und vor Eintritt der nächtlichen Dunkelheit. Die Dauer beträgt zwischen 20 Minuten in den Tropen, 30 Minuten bis 50 Minuten in Mitteleuropa und bis zu fünf Stunden in den Weißen Nächten. Im erhaltenen Bild sind die Kontraste zwischen Hell und Dunkel abgemildert und die Bilder weisen eine besondere Stimmung auf.
Wasserspiegelung in Venedig – Foto: Jörg Heidjann
Gegenlichtaufnahmen
Gegenlichtaufnahmen können – wenn diese professionell gemacht wurden – sehr stimmungsvoll sein. Allerdings kann man bei Gegenlicht auch sehr viel falsch machen, insofern ist es tendenziell besser, wenn man das Licht im Rücken hat. Gerade Porträts sehen im Gegenlicht oft flach aus, da keine Konturen vorhanden sind.
Stimmungsvolle Gegenlichtaufnahme kurz nach Sonnenuntergang. Die Antilopen heben sich wie Scherenschnitte hervor.
Fotos zur richtigen Zeit
Die besten Zeiten für Landschafts- und Naturaufnahmen sind früh morgens, am späten Nachmittag und zur blauen Stunde. Mit einem Stativ und entsprechender Langzeitbelichtung gelingen auch bei sehr wenig Licht spektakuläre Aufnahmen in der Dämmerung oder bei Nacht. Dazu mehr unter dem Eintrag Langzeitaufnahmen.
Die pralle Mittagssonne eignet sich nicht so gut für Fotos, da dieses Licht sehr hart wirkt und die Fotos dann nicht so stimmungsvoll herüberkommen.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Nicht immer ist das Licht in Köln so perfekt….
Bei schlechten äußeren Lichtverhältnissen sind Innenaufnahmen von Gebäuden, Makros oder Porträts mit Blitz im Studio eine gute Alternative.
Innenaufnahme mit perfekter Ausleuchtung und zauberhaftem Motiv
Kontraste in der Fotografie
Es gibt ein paar generelle Regeln, die ein Foto interessant wirken lässt. Über den goldenen Schnitt, die richtigen Lichtverhältnisse und die richtige Zeit haben wir oben schon gesprochen. Jetzt möchte ich das Thema Kontraste etwas genauer beleuchten.
Kontraste gibt es z.B. bei Farben und Größen. Also z.B. eine Makro Aufnahme von einem Insekt, welches auf dem Foto riesig wirkt und damit für uns auf den ersten Blick ungewöhnlich aussieht. Oder der einsame Spaziergänger an einem Strand mit einem schier unendlichen Horizont. Er wirkt auf dem Bild verloren, lässt den Betrachter aber die Dimensionen gut erfassen. Bei einer Landschaftsaufnahme ist es häufig schön, wenn eine Pflanze oder ein Menschen im Vordergrund platziert wird und dem Foto damit mehr Tiefe gegeben wird.
Farbkontraste sind in der Regel ein sehr gutes Stilmittel in der Fotografie. Aber auch Bilder monochromatische Bilder haben eine ganz besondere Stimmung, nicht nur in der Porträtfotografie.
monochromes Wellenbild – Foto: Jörg Heidjann
Perspektiven, Perspektivwechsel
Ein gutes Stilmittel in der Fotografie ist auch die Frosch- oder Vogelperspektive. Durch die Abweichung von unserer normalen Sehgewohnheit kann ein ganz normales Motiv sehr interessant werden. Zum Beispiel das kleine Kinde, das gerade laufen lernt, aus der Froschperspektive. Oder Landschaften von oben, die auch Ihren ganz eigenen Zauber haben.
Perspektive und Farbkontrast – Paraglider hoch über dem Gardasee – Foto: Jörg Heidjann
Wichtig ist auch, dass der Fotograf nah an das Motiv herangeht. Sehr häufig sieht man auf Bildern, dass das Hauptmotiv zu klein dargestellt ist, weil der Fotograf eine zu große Distanz zum Motiv gewählt hat. Ein guter Rat ist daher, dass man lieber näher an das Motiv herangeht oder es heranzoomt, damit die Aufnahme gelingt.
Automatik, Teilautomatik oder manuell?
Ich persönlich fotografiere am lieben mit der Zeitautomatik. Hierbei wähle ich die Blende als Gestaltungsmittel manuell aus und lasse die Kamera die Zeit einstellen. Das hat den großen Vorteil, dass ich selber Einfluss auf die Tiefenschärfe nehmen kann. Und die ist in vielen Fällen ein sehr wichtiges Gestaltungsmittel.
Kleine Blende = große Tiefenschärfe
Offene Blende = geringe Tiefenschärfe
Und wenn ich mir auf der Reise gar keine Gedanken über Belichtung und Blende machen möchte, dann stelle ich die Kamera einfach auf Vollautomatik und bekomme immer passend belichtete Bilder. Wobei ich dann häufig die Belichtungskorrektur auf minus 1/3 oder minus 2/3 stelle. Damit sind die Bilder meistens perfekt und falls es etwas zu dunkel wird, dann kann ich es in der Nachbearbeitung retten. Ein zu helles Bild allerdings lässt sich nicht retten, da hier keine Informationen mehr vorliegen, die ein Programm bearbeiten könnte.
Menschen auf Reisen fotografieren
In der Reisefotografie werden neben Landschaften Menschen am häufigsten fotografiert. Das ist nicht immer ganz unproblematisch, da die meisten Menschen nicht ungefragt fotografiert werden möchten. Also sollte man immer vorher fragen, wenn man jemanden fotografiert. Insbesondere wenn es sich um Porträts handelt. Dann ist die Situation aber oft eine andere, als vorher. Der interessante Verkäufer auf einem Basar guckt meist ganz anders, wenn er weiß, dass er fotografiert wird. Hier kann es sinnvoll sein, sich einfach etwas mehr Zeit zu nehmen und noch ein paar Fotos hinterher zu machen, wenn der Verkäufer schon nicht mehr damit rechnet, fotografiert zu werden.
Wenn man mit einer Reisegruppe unterwegs ist, dann kann man häufig interessante Bilder davon machen, wie die Gruppe mit Einheimischen interagiert. Manche Menschen lieben es auch, fotografiert zu werden. Das sind dann in der Regel die dankbarsten Motive.
Das zweite Bild ist häufig das bessere – Foto. Jörg Heidjann
Langzeitbelichtungen
Die Belichtungszeit ist neben der Blende das wichtigste Gestaltungsmittel für einigartige Reisefotos. Langzeitbelichtungen sind ein ganz besonderes Stilmittel. Jeder kennt z.B. die Nachtaufnahmen von Großstädten mti den Lichterspuren der Autos. Oder Langezeitaufnahmen vom Meer, die selbiges glattbügeln oder die fließenden Bewegungen eines Flusses oder Wasserfalls. Auch Sternspuren oder ein Feuerwerk sind ein beliebtes Motiv für Langzeitbelichtungen. Auch mit Menschen kann man bei Langzeitaufnahmen tolle Effekte erzielen. Durch eine lange Belichtung können Menschen vor einem feststehenden Motiv (fast) gänzlich verschwinden. Je nach dem wie lange die Belichtungszeit ist und wie schnell sich die Menschen bewegen, verschwinden diese vor einem Gebäude oder auf einem Platz. So kann man z.B. eine (fast) leere Domplatte in Köln am hellichten Tage fotografieren, obwohl dort hunderte von Menschen sind. Oder U-Bahnhöfe in der Rush – Hour, wo viele hunderte Menschen pro Minute ein – und aussteigen sind quasi menschenleer.
Wenn wenig Licht vorhanden ist, braucht man sowie längere Belichtungszeiten. Aber wie mache ich eine Langzeitbelichtung bei Tageslicht? Das ist ganz einfach, denn dafür braucht man nur einen guten Graufilter (1000 fach) und ein gutes Stativ.
Langzeitbelichtung mit Graufilter am hellichten Tag. Foto: Jörg Heidjann
Anwendungsbeispiele für Langzeitaufnahmen:
- Aufnamen vom Meer, Flüssen, Wasserfällen. Glätten von Wellen, Flussbewegungen, Gischt.
- Menschen verschwinden lassen vor statisischen Gebäuden, auf Plätzen oder in U-Bahnhöfen
- Wischeffekte und Unschärfelemente von Menschen bei Langzeitaufnahmen
- Sterne fotografieren, Sternspuren aufnehmen, Sternschnuppen fotografieren, Polarlichter einfangen
- Blitze bei Tag fotografieren
- Straßen in Großstädten, Lichtspuren
- Feuerspucker, Wunderkerzen, etc.
Tipps zur Fotografie bei Langzeitaufnahmen
Kamera auf einem guten Stativ fixieren
Bilder im RAW Format aufnehmen
Weissabgleich tageslicht oder automatisch. Ggf. in der Nachbearbeitung manuell einstellen ggf. Kontrasterhöhung (S Kurve)
ISO möglichst gering einstellen
Rauschen in der Bildbearbeitung reduzieren
Manuell Fokussieren
Belichtungszeit bei gewählter Blende messen
Bei Tageslicht Graufilter verwenden. Wenn die Kamera mit der Belichtungsmessung nicht zurecht kommt, dann berechnen. Bei Graufilter Faktor 1000 einfach den Wert ohne Filter mal 1000 nehmen. Also z.B. bei Blende 8 berechnet die Kamera eine Belichtung von 1/250 Sekunden. Wenn ich den Graufilter mit Faktor 1000 nehme, dann müsste ich also 4 Sekunden belichten.
Zeitauslöser verwenden, um Verwacklungen zu vermeiden
Sterne / Milchstraße fotografieren
Mit einer guten digitalen Spiegelreflexkamera und einem lichtstarken Weitwinkelobjektiv (Minimum Blende f 2,8) kann man schon sehr schöne Sternen Landschaften aufnehmen. Es ist empfehlenswert die Aufnahmen im manuellen Modus der Kamera durchzuführen, also bitte die Automatik für Belichtung, Blende, Weißablgeich und ISO Einstellung deaktivieren. Zudem unbedingt im RAW Format fotografieren, um bei der Bildverarbeitung maximale Gestaltungsmöglichkeiten zu haben. Die Rauschunterdrückung sollte ausgestellt werden. Beim Fokussieren muss man etwas Übung haben. Am besten sucht man bei maximaler Vergrößerung (Lupe auf Faktor 10) und maximaler ISO Zahl einen hellen Stern und fokussiert dann manuell.
Beispiel: Kameraeinstellung, Vollformat mit einem 16 mm Objektiv
Belichtungszeit 30 s, Blende f 2,8 ISO 3200, Weißabgleich 3500 K
Wenn man keine Sternenstriche fotografieren möchte, dann muss man sich an die folgende Regel halten:
Maximale Belichtungszeit = 500 : (Brennweite x Crop Faktor)
Für meine Ausrüstung bedeutet das eine max. Belichtung von 20 Sekunden
(12 mm Weitwinkel bei einem Crop Faktor von 2 (500 / 24 )
Sonderfall: Sternspuren aufnehmen
Belichtungszeit 10 bis 30 Minuten
ISO 100 ist ok
Blende kann ruhig auf 8 stehen
Meine aktuelle Fotoausrüstung auf Reisen
Kamera: Olympus OMD EM-1
Objektive: M-Zuiko 12-40 mm, M-Zuiko 45 mm, M-Zuiko 150-300 mm
Graufilter: Haida ND 8 x, ND 64 x, ND 1000 x
Stativ: Manfrotto BeFree Reisestativ
Meine Software zur Archivierung und Nachbearbeitung
iPhoto
Photoshop
Snapseed