Auslandssemester in Valparaíso, der buntesten Stadt der Welt!
Valparaíso ist eine der faszinierendsten Städte in ganz Lateinamerika und steht für einen wirklich einzigartigen Lifestyle. Charakteristisch für die direkt am Pazifik gelegene Hafenstadt sind die vielen bunten Häuser, die wie Kletterpflanzen jeden freien Platz auf den unzähligen Hügeln Valparaísos einnehmen. Vom tiefsten Punkt der Stadt wirkt die natürliche Bucht in der Valparaíso liegt wie ein antikes Amphitheater und je höher man sich die Hügel hinaufwagt, desto beeindruckender ist der Panoramablick. Dazu kommen wahrhafte Meisterwerke an Streetart und Wandbildern die an jeder Ecke zu finden sind. Um jeden Winkel der Stadt erkunden zu können, bräuchte man wahrscheinlich ein ganzes Leben. Gut, dass ich immerhin fünf Monate im Rahmen eines Auslandssemesters Zeit hatte, um die schönen und schlechten Seiten dieses unvergleichlichen Ortes kennen zu lernen.
Verrückte Jahreszeiten in Valparaíso
Valparaíso liegt in Zentralchile, relativ auf der gleichen Höhe wie die etwa zwei Stunden entfernte Hauptstadt Santiago. Das Klima in Valparaíso ist eigentlich ganzjährig von den Temperaturen her relativ angenehm, jedoch sorgen die hohe Luftfeuchtigkeit, die schlecht isolierten Häuser und die dicken Nebelschwaden die oft über der Bucht am Pazifik hängen für ziemlich kalte Nächte in den Wintermonaten von Mai- August. Die Jahreszeiten in Chile sind den deutschen nämlich genau entgegengesetzt. Im Sommer (Dezember- März) kommen viele nationale und internationale Touristen nach Valparaíso um sich an den Stränden der Nachbarstadt Viña del Mar zu entspannen und die Sonne zu genießen. Der Pazifik ist zwar durch das Phänomen des Humboldtstroms, der arktisches Wasser an die Westküste Südamerikas treibt, ganzjährig bitterkalt, jedoch wirkt Viña del Mar mit seinen Palmen, Cafés und der gepflegten Strandpromenade wie ein Ferienort in Frankreich, oder Spanien. Die Strände sind von Valparaíso innerhalb von 20 Minuten erreichbar.
Wie überall auf der Welt ist die gesamte Stimmung der Stadt und der Menschen extrem vom Wetter abhängig. In Valparaíso hat man jedoch das Gefühl, dass die Wetterlage das Flair in der Stadt noch deutlicher beeinflusst als anderswo. Scheint die Sonne über die Hügel Valparaísos wirkt die Stadt wie ein Paradies auf Erden. Das Licht glitzert auf den Wellen des Pazifiks, die vielen bunten Häuser leuchten in angenehmen Farben, Straßenmusiker sorgen für sanfte Klänge an jeder Ecke und die Straßen sind voll von Menschen die durch die Stadt flanieren oder an den wunderbaren Aussichtspunkten Rast machen um das einzigartige Panorama zu genießen. Am bekanntesten und beliebtesten sind die mitten im Zentrum gelegenen Hügel „Cerro Alegre“ und „Cerro Concepción„. Die beiden gehören zu Recht zum UNESCO- Weltkulturerbe und bieten unzählige nette Cafés, Restaurants, Aussichtspunkte und alte Prachtbauten vergangener Tage. Leider sind die Preise oftmals auf dem Niveau der Schweiz und vier bis fünf Euro für einen Cappuccino zu bezahlen, ist einfach zu viel. Bei all den vielen Farben in Valparaíso sind diese beiden Cerros die buntesten und schönsten. Wie in einem der altbekannten Malkasten aus der Schule, lässt sich jeder Farbton an den Hauswänden und Wandbildern finden. Hinzu kommt, dass die meisten Häuser Dachterassen oder Balkone besitzen, die einen Panoramablick über die ganze Stadt und den Hafen ermöglichen. Im Sommer wird hier fast täglich der Grill (asado) angeschmissen und die ein oder andere Flasche Rotwein geleert.
Wenn jedoch der Herbst Einzug erhält und der chilenische Winter sich langsam anbahnt, verändert sich die gesamte Stimmung in der Hafenmetropole. Zwar gibt es immer noch wunderschöne Sonnentage mit sommerlichen Temperaturen, jedoch sind viele Tage dunkel, grau und nebelverhangen. Durch die oft alten und null isolierten Häuser, ist es drinnen oftmals kälter als draußen und ein dicker Pulli und Wollsocken sind quasi Pflichtprogramm in der eigenen Wohnung. Heizungen gibt es so gut wie nie. Wenn sich die Sonne nicht blicken lässt, wirkt plötzlich alles nur noch halb so schön und an einigen Tagen erscheinen einem die vielen bunten Häuser plötzlich nur noch wie eine gewaltige Häuserwand die sich unendlich weit über die Hügel erstreckt. Ziehen dann auch noch Regenwolken auf, kommt das Leben in der Stadt oftmals komplett zum Stillstand. Es scheint so, als ob der Regen das Stadtleben in die Knie zwingt und die Ausgehlust der Einwohner auf null reduziert. Ganz unproblematisch sind die Wassermassen, die sich natürlich in reißenden Strömen ihren Weg von den Hügeln hinab zur Küste bahnen zwar wirklich nicht, jedoch übertreiben die Chilenen in diesem Punkt tatsächlich ein wenig. Ich habe die Momente in denen die Stadt quasi menschenleer ist eigentlich sehr genossen und den ein oder anderen Regenspaziergang unternommen.
Sonnenuntergänge und Abendstimmung in Valparaíso
Die Abendstunden und die absolut spektakulären Sonnenuntergänge in Valparaíso sind derart beeindruckend, dass man darüber ruhig ein paar Sätze verlieren kann. Bei guten Bedingungen bietet der Himmel über Valparaíso einen Sonnenuntergang der jedes Fotografenherz höher schlagen lässt. Da die Sonne direkt über der Stadt untergeht und die vielen kleinen Wolken dabei in ein sattes Orange und Rot färbt sieht es so aus, als ob die ganze Stadt in Flammen steht. Es gibt viele Plätze von denen man dieses Schauspiel optimal genießen kann. Mein persönlicher Lieblingsplatz ist aber der alte Hafen der Stadt. Auf dem Pier der weit ins Meer hineinragt hat man einen Blick über die gesamte Bucht, die bebauten Hügel und den endlosen Pazifik. Für den Gipfel der Perfektion sorgen Seelöwen die ca. 10 Meter von der Küste auf einem verrotteten Betonpfeiler im Meer ihr neues Zuhause gefunden haben. Das Ambiente zwischen untergehender Sonne, kreischenden Möwen und grunzenden Seelöwen ist wirklich stark und macht den Ort zu meinem absoluten Lieblingsplatz in Valparaíso.
Street art in Valparaíso
Ein ganz besonderer Charakterzug der bunten Stadt sind die vielen, künstlerisch höchst anspruchsvollen „murales“ (Wandbilder) die fast jede freie Wand, Treppe und Mauer in der ganzen Stadt verzieren. Valparaíso ist eine wahre Hochburg der schönen Künste. Neben Musikern und Dichtern dominiert aber vor allem das Malen und Zeichnen die alternative Kunst- Szene der Stadt. Auf manchen Hügeln hat man zeitweise das Gefühl, man befände sich in einem einzigen Kunstwerk. Die Bilder an den Wänden haben nichts gemeinsam mit hässlichen und billigen Graffitis. In oft monatelanger Arbeit verzieren die Künstler ihre Stadt und drücken oft wichtige gesellschaftliche und politische Themen in ihren Werken aus. Es gibt ein paar Gemälde, die tatsächlich ganze Hauswände zieren und riesengroß sind, jedoch ist es im allgemeinen die unglaubliche Vielfalt die für das ganz besondere Flair sorgt. Nahezu jedes Garagentor ist bemalt und auch nach dem zehnten Spaziergang durch die Straßen Valpos lassen sich immer neue Motive finden. Für Liebhaber anspruchsvoller Straßenkunst ist Valparaíso ein einziger Traum. Oft fragt man sich, wieso nicht auch bei uns in Deutschland hässliche Betonwände öfter mit schönen Wandbildern verziert werden. Die Straßenkunst in Valparaíso ist jedenfalls ein ganz wesentlicher Bestandteil der einzigartigen Kultur der Stadt und die Auswahl an Fotos nur ein kleiner Teil meiner persönlichen Lieblingsbilder.
Valparaíso und Umgebung
Nicht zu unterschätzen ist die attraktive Umgebung Valparaísos. Neben dem beliebten Urlaubsort Viña del Mar gibt es zahlreiche andere Attraktionen die leicht zu erreichen sind und wunderbare Tagesausflüge ermöglichen. Für Surf– Fans bietet sich ein Abstecher in das nur 40 Minuten entfernte Concón an. Dort gibt es mit der Playa La Boca einen Strand der speziell für Anfänger optimale Surf- Bedingungen bietet. Das Wasser ist jedoch immer super kalt. Neoprenanzug ist Pflicht. Ebenfalls in Concón gibt es die „Dunas„. Sanddünen, die hoch über alle Häuser in der Umgebung hinausragen und einen Blick über die Buchten und das Meer ermöglichen. Ein perfekter Ort für einen entspannten Nachmittag in der langsam untergehenden Sonne. Wer Lust hat kann auf einem Sandboard probieren die Dünen hinunterzuboarden. Ganz leicht ist das aber nicht und man liegt mehr im Sand als das wahres Sandboardfeeling aufkommt. Ein weiterer Lohnenswerter Day-trip ist der Besuch des Nationalparks La Campana, mit Bus und Metro in einer guten Stunde zu erreichen. Die Besteigung des Gipfels ist keine leichte Wanderung. Speziell im letzten Teil der Strecke geht es tierisch steil bergauf. Von oben wird man aber bei guter Sicht mit einem 360° Panorama der Anden belohnt.
Ein bisschen weiter entfernt jedoch immer noch in einer knappen Stunde mit dem Auto oder per Bus zu erreichen ist das Fischerdorf Quintay. Im Gegensatz zu dem doch oft sehr zugebauten Valparaíso ist hier fast nichts außer Meer und Grün. Perfekt für einen ruhigen Sonntag in der Natur. Wer genug vom in der Sonne liegen hat, kann in Quintay Ausritte unternehmen, Fisch essen, tauchen, oder die alte Walfangstation für Blauwale besichtigen. Mit ganz viel Glück kann man vielleicht immer noch einen dieser majestätischen Riesen in den Gewässern vor dem kleinen Fischerdorf live erleben.
Die Aufzüge von Valparaíso
Valparaíso ist international bekannt für seine Aufzüge. Die meisten „Ascensores“ sind Relikte vergangener Tage, sind nicht mehr im Betrieb und verrotten vor sich hin. Jedoch gibt es immer noch ein paar Aufzüge die täglich von vielen Einheimischen genutzt werden um ihre Häuser auf den steilen Hügeln zu erreichen. Eine Fahrt mit dem Aufzug gehört definitiv zum Pflichtprogramm in Valparaíso. Man sollte jedoch schwindelfrei sei, da selbst die noch intakten Maschinen einen relativ betagten und rumpeligen Eindruck machen. Trotzdem sind die Aufzüge wirklich praktisch und bringen einen meist an schöne Aussichtspunkte, oder andere interessante Plätze der Stadt.
Lifestyle in Valparaíso.
Valparaíso ist eine unglaublich lebendige Stadt. Nicht nur die Lage, die Farben und die Architektur sind besonders, sondern vor allem die Bewohner. Wer in Valpo wohnt ist in der regel sehr stolz auf seine Stadt und liebt sie mit all ihren Vor- und Nachteilen. Neben den schönen Seiten ist Valpo aber auch eine wirklich laute und leider oft sehr dreckige Stadt. Wer am Wochenende in den Morgenstunden durch das Zentrum schleicht, wird sich manchmal wie am letzten Tag auf dem Campingplatz eines Festivals fühlen. Leere Flaschen, Müll soweit das Auge reicht und der beißende Gestank nach Urin. Dazu kommen noch die Hinterlassenschaften der unzähligen Straßenhunde. In diesen Momenten mag es tatsächlich schönere Orte geben, jedoch entschädigt und verzeiht man Valparaíso auch diese Schwachstellen. Das gesamte Stadtbild ist einfach wirklich beeindruckend und die Menschen sind einem mit ihrer lockeren Art von Anfang an sympathisch. Auch im Nightlife– lässt Valparaíso sich nicht lumpen und bietet für jede Art von Musik die passende Location. Im Feiern sind die Chilenen übrigens auch richtig gut! Wer dann noch das Glück hat in den Sommermonaten in Valparaíso zu landen der wird mit Sicherheit eines der vielen Events und Musikfestivals in der Stadt miterleben können. Beispielsweise wird immer Ende Februar das „Cerro abajo“ ausgetragen, bei dem Downhill- Fahrer die Treppen und Hügel der Stadt in einem mörderischen Tempo runterjagen. Dabei ist natürlich die ganze Stadt auf den Beinen und feiert ordentlich mit.
Valparaíso ist vieles. Alternativ, bunt, fröhlich, aktiv, weltoffen, manchmal ein bisschen schäbig und an gewissen Stellen ziemlich heruntergekommen, aber vor allem eins: Sehr sympathisch! Wer ein paar Tage, Wochen oder Monate in dieser tollen Stadt verbringen darf, sollte sich sehr glücklich schätzen. Ich jedenfalls bin großer Fan von den meisten Dingen die Valparaíso so einzigartig machen wie keine andere Stadt dieser Welt!
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