Gastbeitrag von Sandra Baumgartner
Warum eine Weltreise keine Wissenschaft ist
Das mit dem Weltentdecken ist so eine Sache. Viele träumen davon, doch nur wenige setzen eine Langzeitreise tatsächlich in die Tat um. Als ich meinen Freunden und meiner Familie von meinem Plan ein Jahr lang zu Reisen erzählt habe, bekam ich ausschließlich positive Rückmeldungen. Auch meine Großeltern meinten begeistert, „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Der häufigste Satz, den ich zu hören bekommen habe war allerdings: „Das wollte ich auch unbedingt einmal machen.“ Doch wieso macht es dann keiner? Dieser Artikel soll dir Mut machen selbst aufzubrechen. Hier erfährst du, wie einfach es ist eine Weltreise zu organisieren sowie einige Tipps und Tricks von jemandem, der gerade selbst (noch) unterwegs ist.
Bevor die Verzweiflung ob des großen Projektes, das vor dir liegt, Überhand nimmt, kann ich dich beruhigen. Auch ich wusste nicht wo ich anfangen soll. Bevor du dein Umfeld in Aufruhr versetzt ist es entscheidend, dass du dir wirklich sicher bist auch tatsächlich aufbrechen zu wollen. Das mag sich jetzt banal anhören, war für mich aber einer der schwierigsten Punkte. Oft sagt man Dinge wie, „Das mach ich irgendwann ganz bestimmt!“ und weiß dabei in dem Moment bereits, dass irgendwann auch niemals sein kann.
Nicht mehr Geld ausgeben, sondern Sparen
Der Zeitpunkt, an dem du eine längere Reise startest, hängt in erster Linie damit zusammen, wie lange du brauchen wirst, um dein Reisebudget zusammen zu stellen. Besonders wichtig ist aus meiner Sicht auch einen Polster für Notfälle und für die Rückkehr anzulegen. Auch macht Reisen viel mehr Spaß, wenn du nicht jeden Tag Cornflakes essen musst und bei jeder Ausgabe Magenschmerzen bekommst. Die ganze Sache soll ja schließlich Spaß machen. Jedoch solltest du dich in der Sparphase nicht kasteien, da ansonsten dein Durchhaltevermögen beeinträchtigt werden kann. Auch in dieser Zeit kannst du billig reisen und deiner Reiselust nachkommen. Weißt du also ungefähr wie lange du sparen musst und wann die Reise losgehen kann, empfehle ich dir in der Mitte des Jahres aufzubrechen. Bist du zuvor berufstätig, kannst du dir mittels Lohnsteuerausgleich einen ordentlichen Bonus für dein Reisebudget bzw. für deinen Wiedereinstieg mit nur wenigen Minuten Arbeit verschaffen. Da die Lohnsteuer auf das ganze Kalenderjahr hochgerechnet wird, hast du, wenn du nur ein halbes Jahr arbeitest, zu viel an das Finanzamt abgeführt. Kommst du auch wieder Mitte des Jahres zurück und beginnst bald zu arbeiten, dann kannst du ebenfalls mit einer Rückzahlung rechnen. Bringt dir also zweimal was.
Glücksbrunnen in Kunming, China
Wo soll ich bloß überall hin?
Deine Routenwahl hängt auch mit deinem Sparziel zusammen. In großen Teilen Asiens und Zentralamerikas wirst du je nach Reisestil wesentlich weniger Geld benötigen als beispielsweise in Neuseeland oder Australien. Aus meiner Erfahrung heraus solltest du jedoch keinesfalls auf einen verhältnismäßig teureren Abstecher in diese Destinationen verzichten, da du dein Budget in erschwinglichen Destinationen wie Südostasien nicht ausreizen wirst und daher Geld für hochpreisige Ziele sparen kannst. Der Mix aus günstigen und teureren Destinationen macht es möglich. Gerade eine Reise nach Australien ist aufgrund der teuren Flugreise von Europa aus erheblich teurer. Wenn du dich also zuvor über Asien und insbesondere Indonesien vorarbeitest, kommst du deiner Traumdestination sehr nahe und einen Flug aus Bali gibt es bereits ab 50$.
Fang bloß nicht zu früh mit der Planung an!
Sobald du den Entschluss gefasst hast, wirst du unweigerlich mit der Recherche beginnen. Kaum hast du angefangen die Strände und Aktivitäten auf der anderen Seite der Welt on- und offline zu erkunden, kannst du kaum mehr aufhören, was jede Menge Zeit verschlingen wird. Deine ungefähre Route kannst du natürlich bald festlegen, wobei du die Detailrecherche, sofern du eine machen möchtest, frühstens ein halbes Jahr vorher beginnen solltest. Den Großteil deiner Reise wirst du ohnehin von unterwegs aus planen. Bis auf wenige Ausnahmen würde ich Touren, Mietautos und Aktivitäten nie von zu Hause aus buchen, da du vor Ort einen wesentlich besseren Preis bekommen wirst und dein Geld noch dazu in den richtigen Taschen landen wird. Außerdem hast du auf einer Langzeitreise Zeit, die du in einem herkömmlichen, durchgeplanten Urlaub nicht hast. Zudem empfehle ich dir auf deiner Route etwas Spielraum für Wegänderungen zu lassen. Diese Flexibilität wird dir unerwartete Reiseerlebnisse bescheren, da du die besten Tipps immer von anderen Reisenden bekommen wirst oder du auch spontan auf niedrige Flugpreise reagieren kannst. Und ja, in einigen Ländern benötigst Du eine Einreise bzw. Aufenthaltsgenehmigung. Eins für Australien bekommst Du z.B. auf der Seite Visum Australien.
Kinder am Markt in Inle Lake, Myanmar
Raus mit der Wahrheit und weg mit den Fixkosten
Nachdem du nun bereits genügend Geldreserven angehäuft hast und du ständig in Gedanken bereits in fernen Ländern unterwegs bist, sollte deine Motivation für Deine Weltreise noch hoch sein. Zwischendurch kommen dir bestimmt Zweifel. Doch ich kann dich beruhigen, auch das ist Teil des Prozesses. Bevor du nun deine Weltreise öffentlich machst, sprich es deiner Familie und deinem Freundeskreis erzählst, solltest du auf die Fragen „Was ist denn mit deinem Job und der Wohnung?“ wohl besser bereits eine Antwort parat haben. Da du deine Fixkosten über deine Reisedauer hinweg so niedrig wie nur möglich halten solltest, empfehle ich deine Wohnung aufzugeben oder im Idealfall unter zu vermieten. Plane je nach Kündigungsdauer einen Puffer ein, damit dein Vermieter hier Zeit hat zu reagieren bzw. einen geeigneten Nachmieter zu finden. Wir wollen ja schließlich alles was uns unnötig ärger bereitet vermeiden.
Ist dieser Punkt abgehakt, dann kommt der unbequeme Part: Das Gespräch mit deinem Arbeitgeber. Gehörst du zu den Glücklichen, denen ein Sabatical oder ein mehrmonatiger Urlaub gestattet ist, dann ist dies für dich ein Leichtes. Auch wenn du bereits jahrelang bei deinem Arbeitgeber beschäftigt bist, kannst du nie wissen, wie dein Vorgesetzter auf deinen lange Abwesenheit reagieren wird. In jedem Fall muss dir klar sein, dass das Gespräch auf eine Kündigung hinauslaufen kann, sofern du eine solche nicht ohnehin anstrebst. Bist du allerdings früh dran, das heißt weit vor der gesetzlichen Kündigungsfrist, und räumst deinem Arbeitgeber so etwas mehr Reaktionsspielraum ein, kann evtl. eine einvernehmliche Kündigung herausschauen. Aus meiner Erfahrung heraus muss ich ganz klar sagen, dass mich die Reaktionen unserer Arbeitgeber doch überrascht haben. Ich könnte, wenn ich das möchte, wieder bei meinem Arbeitgeber anfangen und meinem Reisepartner wurde sogar unbezahlter Urlaub angeboten. Manchmal traut man seinem Boss zu wenig zu, doch auch wir wurden positiv überrascht.
Frauen in den Longji Reisterrassen, China
Mach dir eine Checkliste
Nachdem du alle eingeweiht hast, geht es ans Eingemachte. Auch ich dachte vor mehr als einem Jahr, dass ich den vermeintlichen Berg an Reisevorbereitungen niemals schaffen werde. Doch in Wahrheit, ging dies leichter und schneller als gedacht. Am besten bastelst du dir einen Checkliste, um tatsächlich zu sehen, wie viele (wenige) Aufgaben du zu erledigen hast.
• Auf zum Arzt: Bereits ein halbes Jahr zuvor solltest du zur Impfberatung gehen und mit den Teilimpfungen beginnen. Auch ein Check beim Arzt und besonders beim Zahnarzt sollte vor deiner Abreise organisiert werden.
• Halte deine Fixkosten niedrig: Kündige Versicherung und Verträge, die du während deiner Reise nicht mehr brauchst oder lasse diese für die Dauer deiner Reise stilllegen.
• Schau aufs Datum: Dein Reisepass sollte über deine Reisedauer hinaus noch 6 Monate lang gültig sein und auch die Ablaufdaten deiner Kredit- und EC-Karten solltest du kontrollieren. Teile zudem deiner Bank mit, dass du dich im Ausland aufhalten wirst, damit du Kartensperren vermeidest.
• Schließe eine Auslandskranken- und Reiseversicherung ab.
• Miste aus. Nutze die Gelegenheit und befreie dich und deine Wohnung von unnötigem Ballast und schaffe Ordnung. Wenn du zurück kommst, wirst du es ohnehin nicht mehr gewohnt sein, so viele Dinge zu besitzen.
• Plane nicht zu viel. Verabschiede dich von der herkömmlichen Urlaubsplanung, in der jeder Tag genau geplant ist. Buche die ersten Flüge und ein Hotel für deinen ersten Stopp. Gewöhne dich allerdings bereits an den Gedanken, dass du deine Reise von unterwegs planen wirst, wofür du dir auch dezidiert Zeit einräumen solltest.
• Visa. Ein leidiges Thema, mit dem du dich auf deiner Reise öfter auseinandersetzen wirst. Recherchiere die Einreisebestimmungen in deine Reiseziele und organisiere, evtl. unter Zuhilfenahme einer Visaagentur deine Visas für deine ersten Destinationen. Lass aktuelle Passfotos von dir machen und packe diese ein.
• Wichtige Dokumente und sensible Informationen wie Bankdaten solltest du für den Notfall bei einer vertrauenswürdigen Person hinterlegen. Auch eine bereits ausgefüllte Handlungs- oder Bankvollmacht kann eine Überlegung wert sein.
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Und dann kann es auch schon los gehen.
Inhalt meines Rucksacks vor Abreise
Zum Abschluss noch ein paar Tipps und Tricks für unterwegs
Um deine Ausgaben im Blick zu behalten, solltest du Aufzeichnungen führen bzw. eine App verwenden. Wir haben hierfür beispielsweise die App Travelmoney verwendet, in der du deine Ausgaben in unterschiedliche Kategorien wie Lebensmittel, Aktivitäten und Transport aufteilen kannst und dir dann auch als CSV-File schicken kannst, dass du mit jedem Tabellenkalkulationsprogramm öffnen kannst. Deine Fotos speicherst du am besten doppelt und verwendest zudem einen Online-Speicher, damit auch ja keine wertvollen Erinnerungen dahin sind. Auch auf wichtige Reisedokumente oder Kopien z.B. des Impfpasses oder Internationalen Führerscheins kannst du hier zurückgreifen. Eine wasserdichte Schutzhülle für deinen Rucksack, den du übrigens keinesfalls zu groß kaufen solltest, ist ein wichtiges Reiseutensil, nicht nur beim Fliegen. Einige Modelle kann man sogar komplett schließen und absperren. Zudem hält diese auf dem Dach von Chickenbussen oder auf deinem Weg zum Autobus nicht nur Schmutz, sondern auch Diebe fern. Die wohl beste offline Navigationsapp, die ich kenne ist Maps.me, die mich bereits seit 10 Monaten und 20 Tagen überall dorthin bringt, wo ich hin will. Und am wichtigsten: Packe nicht zu viel Kleidung ein. Immerhin willst du ja noch Platz für Souvenirs lassen. Glaube mir einfach, wenn ich dir sage, dass du keine 10 T-Shirts brauchen wirst. Ein wichtigster Reisebegleiter – neben dem aus Fleisch und Blut – ist mein E-Book Reader, auf dem ich auch alle unsere Reiseführer abgespeichert habe.
Ich hoffe ich konnte dich motivieren, zumindest einmal ernsthaft über eine längere Reise nachzudenken. Am besten ist, du fängst einfach mal an. Zumindest mit dem Nachdenken.
Sonnenaufgang über Bagan, Myanmar
Über Sandra
Auf ihren Blog www.reiseerfahrungen-blog.de schreibt Sandra über ihre Erfahrungen – die guten und auch über die weniger guten – auf ihrer Weltreise. Ihre Reiseziele erkundet sie individuell und lernt gerne die Menschen und Kulturen des Landes kennen. Sie kocht (und isst) leidenschaftlich gerne, genießt die Ruhe am Strand oder ist aktiv beim Wandern, Klettern oder Tauchen. Und natürlich schreibt sie gerne.
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